In den Bergen Südtirols öffnet sich uns eine eigne Welt, die von Idealisten bewohnt und bearbeitet wird.
Stellen sie sich für einen Moment vor sie seien ein Blatt
welches vom Wind auf die Oberfläche eines Flusses getragen
wird und von diesem werden sie vom Reschenpass zur Salurner Klause
gebracht. wir sehen die Täler des Oberen Laufs der Etsch und
rechts von uns das fast vergessene (oder vielleicht nie gekannte)
Ultental. Der Taleingang liegt bei Lana, doch bleibt er jenen die
vorbeifahren meist verschlossen, aber der aufmerksame Beobachter
wird den Falschauer Bach der die Gaulschlucht aushöhlt entdecken.
Sein Wasser entspringt dem Eis des Weissbrunners und durchfließt
ein Tal voller Wälder und Weiden das auch die grausamste Seele
friedlich stimmen würde.
Die
Landschaft die dieses Eck Südtirols charakterisiert
ist eine der eingängigsten unseres Landes. Es ist
ein Land der Seen, der Wasserfälle der Zirm-, Lärchen-
und Tannenhaine und der nie zu hohen Berge, deshalb werden
wir hier, wo es die Natur besser als irgendwo sonst geschafft
hat den Menschen zur Besinnung zu bringen, keine großen
Gletscher oder steile Berghänge. Es ist ein von 40
Kilometern Ausmaß welches vielleicht durch seine
sanften Linien und durch den versteckten Eingang zu einem
kleinen, abgeschiedenen Paradies wurde. Es soll ohne Eile,
Stück für Stück gezeigt werden, wie ein
Gut das man mit Stolz und Liebe hütet. Wie ein Garten
in dem die Blumen nicht zertreten werden sollen, ein Garten
voller guter Früchte oder wie eine Stube in der man
mit den lieblichen Stimmen der vor dem Haus spielenden
Kinder ein Nickerchen machen kann. Das ist das Altental:
ein Streifen Erde an dem man gerne ein Stückchen seines
Herzen zurücklässt.
Am Anfang war der Sumpf
Auch wenn das Tal schon in der Vorzeit bewohnt war, wie neuere
Ausgrabungen beweisen (St. Walburg, Kirchbichl) tauchen Siedlungen
von einer bestimmten Wichtigkeit hier nur im Mittelalter auf. Die
geschriebene Geschichte beginnt nur um das Jahr 1000. Der Name
Ulten taucht zum ersten Mal 1082 in einer Schenkungsurkunde auf
als der Graf Berthold von Leunan und Braunsberg die Pfarrkirche
von Ulten (zu St. Pankraz) an das Kloster von Weingarten abgab,
in dem sich heute noch diese Urkunde befindet. Das Wort "Ultun" geht
auf indogermanische Ursprünge zurück und bedeutet "feuchtes
und sumpfiges Gebiet". Da sich an der Stelle des heutigen
Weisbrunner Sees und des Zoggler Stausees Torfgruben und Moore,
oder wenigstens ein Feuchtgebiet befunden habe. Das Gericht von
Ultun taucht in Schriften von um 1140 im Zusammenhang mit den Herren
von Eppan auf. 1253 ging es an den Grafen von Tirol über.
Die Grafen Meinhard I. und II. wollten einen Richter benennen der
dieses Tal, welches in 12 "Werche" (Weiler) eingeteilt
war, verwalten sollte. 1320 übergab der König Heinrich
die Macht über das Gericht von Ultun an seinen Stiefbruder
und verlieh ihm so den Titel "Heinrich von Eschenlohe".Im
Jahr als das Europa Christoph Kolumbus' offiziell Fuß auf
amerikanischen Boden setzte überließ der Kaiser Maximilian
von Österreich das Tal den Herren von Trapp deren Nachkommen
bis 1989 die Burg von Ulten, auch Eschenlohe genannt besaßen
(die leider nicht zu besichtigen ist). Auch wenn der erste christliche
Bau der wahrscheinlich die Kirche von St. Pankraz ist, hatten die
anderen Siedlungen wahrscheinlich eigene Tempel die auf alte Ursprünge
zurückgingen. Nach dem Konzil von Trient (1545-63) wurden
auch den Ortschaften St. Walburg, St. Gertraud und St. Nikolaus
eigenständige Kirchen zugesprochen. 1904 kam die Straße
nach St. Walburg, aber erst 1945-50 nach St. Gertraud. In den Nachkriegsjahren
wurden hier fünf riesige Wasserkraftwerke errichtet. Es ist
offensichtlich, dass diese der wirtschaftlichen Entwicklung enorm
geholfen haben und den Bewohnern einige Vorteile verschafft haben
auch wenn viele heute noch das Gegenteil behaupten. Der Zoggler
See mit seinem künstlichen Becken und dem Staudamm wurde genau
in der Mitte des Tales erbaut, wo einst Bauernhöfe aus dem
13. Jahrhundert standen. Die schönsten Wiesen von Ulten wurden
darin versenkt, und gerade noch rechtzeitig wurden Objekte der "Ars
Povera" gerettet und erhalten. So sind diese Bauwerke aus
der faschistischen Epoche noch gut sichtbar und den Talbewohnern
immer noch ein Dorn im Auge. Aber die Arbeitswelt hatte in den
50er Jahren nichts besseres zu bieten, und 130 Arbeiter aus dem
Tal waren an den Bauarbeiten beteiligt.
Verzauberte Landschaft
So klein und augenscheinlich unbedeutend dieses Tal auch sein
mag haben sich hier immer wieder interessante Besucher eingetroffen.
In vergangenen Zeiten gab es hier neun Bäder und einen florierenden
Thermaltourismus. Der Schriftsteller Ludwig Steub sprach von den
Thermalbädern von Mitterbad als den wichtigsten Tirols. Königin
Elisabeth von Österreich und Otto von Bismarck sind hier wie
die Schriftsteller Thomas und Heinrich Mann oder Franz Kafka sowie
zahllose Maler, Dichter und Künstler zur Erholung eingetroffen.
Bei der Pension Eigenwirt, eine Gaststätte die in einem Bauernhof
aus dem 14. Jhdt. kehrte sogar der Erzherzog Ferdinand von Habsburg
ein. Mr. Dunhill, der König der Pfeife und des Tabaks liebte
diesen Ort so sehr, dass er sich sogar ein eigenes Bad errichten
ließ.
Aber auch hier gingen auch der Faschismus und die Eingriffe des
Staates nicht spurlos vorüber, deshalb werden die staatlichen
Arbeiter und Funktionäre immer argwöhnisch betrachtet.
Die bäuerliche Kultur
Ein Grund warum sich im Tal nicht die Art von Tourismus entwickelt
hat die in den vergangenen Generationen Italien überrumpelt
hat, ist, dass die Ultner im Einklang mit ihrer Erde und ihren
Traditionen leben. Die Bauernhöfe sind eigenständige
Betriebe, die das ganze Jahr über bewohnt sind. Es gibt hier über
1000 Berghöfe die auf einer Höhe von 1700-1800 m liegen
die aber trotzdem immer noch bewohnt und bewirtschaftet werden.
Ein Hof umfasst das Stück Land und Wald, dass er zum überleben
braucht und die Arbeiten werden immer noch auf altmodische Weise
errichtet. Meist erbt der erstgeborene Sohn den Hof und das Recht
ihn zu bewirtschaften. Die anderen Kinder können am Hof bleiben
und bei Ihrem Bruder im Dienst stehen, oder den heimatlichen Hof
verlassen. Man könnte meinen, dass dies eine veraltete Regel
sei, doch wurde dadurch die Anthropisierung der Grundstücke
verhindert.
Heute
haben noch viele Bergbauernfamilien ihre eigene Mühle,
bauen die Pflanzen an die man braucht um eventuelle Reparaturen
an den Schindeln der Dächern vorzunehmen und halten
Pferde die im Winter das Holz transportieren oder andere
schwere Arbeiten wie z. B. sogar pflügen müssen.
Nichtsdestotrotz hat die Fläche des gepflügten
Landes in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen, da
es leichter ist Milchvieh zu halten, welches mit dem Heu
der Weiden gefüttert wird. Die Milch wird an die Konsortien
von Meran oder Bozen verkauft. Die Häuser sind gepflegt,
die Äcker werden von Lattenzäunen abgetrennt,
die Wälder sind sauber usw. Fast das gesamte Tal ist
in Privatbesitz. Und es ist wahrer Idealismus der in den
in den Seelen der Höfe pulsiert. Man muss nur an eine
Familie denken die über 200 Jahre lang auf dem selben
Hof gelebt hat und dafür eine besondere Anerkennung
bekommen hat: der Erbhof. Auf seinen Weiden gibt es 36
Almhütten
Die Ururgroßväter der Alpen
Es sind tausendjährige Lärchen die anderswo schon vor
Jahrhunderten gefällt wurden die sich im Ultental erhalten
haben um bewundert und gestreichelt zu werden. Den Experten nach
sind sie 1950-2050 Jahre alt und gelten als die Ururgroßväter
der alpinen Pflanzen, die wie durch Magie bis zu unserer Zeit erhalten
geblieben sind. Sie haben einen enormen Umfang: sieben Leute die,
sich an den Händen haltend, den Baum umarmen wollen werden
dies nur unter Schwierigkeit schaffen. Die anderen Bäume sind
nicht weniger beeindruckend: in einem kann man sich in den völlig
ausgehöhlten Stamm setzten und von innen den Himmel sehen.
Lärchen wie diese gibt es nur wenige in den Alpen.
Nützliche
Informationen und Adressen von Ulten